Abstrakte Konstruktionen
Heike van den Valentyn / 2003
Die abstrakten Konstruktionen von Hannes Norberg verbinden Wesenszüge von Architektur und Malerei mit Mitteln der Fotografie. Architektonische Elementarformen, die parallel oder senkrecht zur Bildoberfläche platziert sind, setzt der Künstler in neutrale Räume. Durch den fein aufeinander abgestimmten Einsatz der Bildmittel, insbesondere von Licht und Farbe, wird der konstruktive Charakter des Bildes sinnlich erfassbar. Über die eher kühlen Farbwerte formuliert sich eine eigene ästhetische Qualität, die aus ihrer klaren Sprache eine visuelle Konstanz entwickelt und sich jeder Zeitlichkeit entzieht.
Anstatt sich vorgefundene Motive anzueignen, durchlaufen Hannes Norbergs Bilder einen konsequent konstruktiven Prozess. Auf der Basis von Zeichnungen und dreidimensionalen Arbeitsmodellen werden zunächst verschiedene Farb- und Proportionsvarianten des Modells im Raum erprobt. Die Fotografie ist während des gesamten Prozesses ein aktives Moment der Bildkonstruktion: Strenge Frontalität, aber auch gleiche Lichtverhältnisse und ein tiefer Horizont lösen das Bild aus dem Kontext seiner Umgebung. Es ist die charakteristische Orts- und Maßstabslosigkeit des Modells, die eine autonome Bildrealität formuliert und die Wirkung ins Monumentale steigert. Durch den zentralen Kamerastandpunkt wird der eigenständige Charakter der symmetrischen Anordnungen zusätzlich verstärkt.
Betrachtet man wie Le Corbusier das Wesen von Architektur als 'großartiges und korrektes Spiel der Formen im Licht’, thematisieren die Fotografien auch ein originär architektonisches Problem. Der Bildcharakter entbindet das Modell zugleich von jeder architektonischen Funktionalität und transponiert die Konstruktion in eine Metaebene. Insofern produziert es eine Syntax des Raumes und führt den Betrachter über das sinnlich Erfassbare hinaus zur Idee des Raumes selbst. In diesem Sinne entziehen sich die Bilder der traditionellen Mimesis. Die abstrakte Formulierung einer eigenen komplexen Realität parallel zur sichtbaren Wirklichkeit baut vielmehr ein ästhetisches Potential auf, das sich jeder linearen Deutung entzieht. Aus dem selbstverständlichen Umgang mit klassischen und zeitgenössischen Bildmitteln hat Hannes Norberg eine eigenständige Bildgrammatik entwickelt, die ebenso aktuell wie zeitlos ist.
Auch wenn die geometrischen Anordnungen häufig eine ähnliche Anlage besitzen, widersetzen sie sich jeder Serialität. Die Hängung in unmittelbarer Nähe zueinander bestärkt eher den Eindruck des Solitärs. Jedes Bild fordert die Aufmerksamkeit des Betrachters für sich allein heraus, in jeder symmetrischen Gleichheitsbeziehung schwingt ein eigenes Universum mit der ihm eigenen Gesetzmäßigkeit. In der Setzung einfacher Tatsachen gelingt es Norberg, das stimmige Verhältnis von Farbe, Raum und Fläche in jeder Fotografie von neuem zu erzeugen, als Bild eines gedachten Ideals.
Heike van den Valentyn ist eine deutsche Kunsthistorikerin, Autorin und Kuratorin, sie lebt in Köln.
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Abstrakte Konstruktionen
Heike van den Valentyn / 2003
Die abstrakten Konstruktionen von Hannes Norberg verbinden Wesenszüge von Architektur und Malerei mit Mitteln der Fotografie. Architektonische Elementarformen, die parallel oder senkrecht zur Bildoberfläche platziert sind, setzt der Künstler in neutrale Räume. Durch den fein aufeinander abgestimmten Einsatz der Bildmittel, insbesondere von Licht und Farbe, wird der konstruktive Charakter des Bildes sinnlich erfassbar. Über die eher kühlen Farbwerte formuliert sich eine eigene ästhetische Qualität, die aus ihrer klaren Sprache eine visuelle Konstanz entwickelt und sich jeder Zeitlichkeit entzieht.
Anstatt sich vorgefundene Motive anzueignen, durchlaufen Hannes Norbergs Bilder einen konsequent konstruktiven Prozess. Auf der Basis von Zeichnungen und dreidimensionalen Arbeitsmodellen werden zunächst verschiedene Farb- und Proportionsvarianten des Modells im Raum erprobt. Die Fotografie ist während des gesamten Prozesses ein aktives Moment der Bildkonstruktion: Strenge Frontalität, aber auch gleiche Lichtverhältnisse und ein tiefer Horizont lösen das Bild aus dem Kontext seiner Umgebung. Es ist die charakteristische Orts- und Maßstabslosigkeit des Modells, die eine autonome Bildrealität formuliert und die Wirkung ins Monumentale steigert. Durch den zentralen Kamerastandpunkt wird der eigenständige Charakter der symmetrischen Anordnungen zusätzlich verstärkt.
Betrachtet man wie Le Corbusier das Wesen von Architektur als 'großartiges und korrektes Spiel der Formen im Licht’, thematisieren die Fotografien auch ein originär architektonisches Problem. Der Bildcharakter entbindet das Modell zugleich von jeder architektonischen Funktionalität und transponiert die Konstruktion in eine Metaebene. Insofern produziert es eine Syntax des Raumes und führt den Betrachter über das sinnlich Erfassbare hinaus zur Idee des Raumes selbst. In diesem Sinne entziehen sich die Bilder der traditionellen Mimesis. Die abstrakte Formulierung einer eigenen komplexen Realität parallel zur sichtbaren Wirklichkeit baut vielmehr ein ästhetisches Potential auf, das sich jeder linearen Deutung entzieht. Aus dem selbstverständlichen Umgang mit klassischen und zeitgenössischen Bildmitteln hat Hannes Norberg eine eigenständige Bildgrammatik entwickelt, die ebenso aktuell wie zeitlos ist.
Auch wenn die geometrischen Anordnungen häufig eine ähnliche Anlage besitzen, widersetzen sie sich jeder Serialität. Die Hängung in unmittelbarer Nähe zueinander bestärkt eher den Eindruck des Solitärs. Jedes Bild fordert die Aufmerksamkeit des Betrachters für sich allein heraus, in jeder symmetrischen Gleichheitsbeziehung schwingt ein eigenes Universum mit der ihm eigenen Gesetzmäßigkeit. In der Setzung einfacher Tatsachen gelingt es Norberg, das stimmige Verhältnis von Farbe, Raum und Fläche in jeder Fotografie von neuem zu erzeugen, als Bild eines gedachten Ideals.
Heike van den Valentyn ist eine deutsche Kunsthistorikerin, Autorin und Kuratorin, sie lebt in Köln.
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